Ground Truth Messsystem: Modellentwicklung zur Korrektur der Objektbewegung und Sensordaten

Projektbeschreibung

Mittels des Ground Truth Messsystems sollen Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren im simulationsbasierten Prozess effektiv bewertet und abgesichert werden.

Der Trend zu Fahrerassistenzsysteme (ADAS) und zu automatisiertem Fahren (AD) ist ein Megatrend in der Fahrzeugindustrie. Mit ADAS sind bereits die meisten Neufahrzeuge ausgestattet. Auch AD haben die meisten Hersteller zeitnah angekündigt. Prognosen erwarten ein Marktwachstum um das 20fache innerhalb von nur 8 Jahren.

Aufgrund der enormen Komplexität automatisierter Systeme steigt der Testaufwand allerdings exponentiell an und übersteigt laut dem Automobilzulieferer Bosch den Entwicklungsaufwand bereits heute. Mit konventionellen Testmethoden ist dies wirtschaftlich und zeitlich nicht mehr zu leisten. Denn jede Testfahrt und jeder Testkilometer sind teuer. Die Reaktion auf diese Herausforderungen wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie maßgeblich mitbestimmen.

Fachleute sind sich darüber einig, dass dieser Aufwand in Zukunft nur durch mehr Testeffizienz und deutlich mehr Simulation beherrschbar sein wird. Dies erfordert extrem effiziente Analyseverfahren für die realen Testfahrten, eine konsequente Vorverlagerung der Absicherungsumfänge in die Simulation sowie eine enge Verzahnung zwischen Fahrversuch und Simulation.

Alle Akteure auf dem Mobilmarkt – Fahrzeughersteller, Zulieferer und Dienstleister – hoffen darauf, dass sich komplexe Umfeld- und Verkehrsszenarien mit einem Messsystem als „Ground Truth“ (Grundwahrheit / Referenz) bei gewöhnlichen Messfahrten auf der öffentlichen Straße abbilden lassen. Dabei soll das Messsystem einfach handhabbar sein. Unter Umfeld- und Verkehrsszenarien sind statische Objekte wie Straßengeometrie, Fahrbahnmarkierungen, Begrenzungen, Hindernisse, Rückhaltesysteme, Schilder, Ampeln und dynamische Objekte wie PKW, LKW, Zweiräder oder Fußgänger zu verstehen.

Die Bezeichnung „Ground Truth“ spielt in der ADAS/AD Entwicklung eine große Rolle. Sie beschreibt die „Grundwahrheit“ der Referenzbewertung. Die Genauigkeit eines Sensors oder die Güte einer Funktion kann nur zu einer Referenz oder einem Normal, wie zum Beispiel zum Ur-Meter, festgestellt werden. Zur Bewertung und Optimierung muss also die Referenz/Wahrheit bekannt sein. Im Falle von ADAS/AD ist die Referenz des statischen und dynamischen Umfelds entweder nicht oder nur sehr eingeschränkt bekannt. Das Verhalten zum Beispiel eines Umfeldsensors kann aber nur zuverlässig und effektiv gegenüber einer möglichst genauen Referenz erfolgen. Genaue Ground Truth Messungen können diese Referenz schaffen.

Nur so lässt sich eine verlässliche Fahrzeug- und Systembewertung, immer im Kontext der Umfeld- und Verkehrsszenarien, ermitteln. Ground Truth Messungen ermöglichen es deutlich effektiver, den Einfluss der gesamten Wirkkette (Umfeldsensorik – Planung – Aktorik/Regelung) zu analysieren: Welche Einflüsse der verschiedenen Ebenen sind für welches Verhalten oder Fehler verantwortlich? Darüber hinaus wollen Kunden Absicherungsumfänge in die Simulation vorverlagern und mittels Ground Truth Messungen weltweite Referenz-Bibliotheken von Umfeld- und Verkehrsszenarien aufbauen, die in die Simulation transferiert werden. Außerdem sollen aus Auffälligkeiten während Testfahrten komplexe Multi-Objekt Szenarien für die Simulation generiert werden, um die Situation reproduzierbar zu analysieren.

Derzeit ist die Toolkette vom Fahrversuch in die Simulation noch nicht sehr effizient. Zahlreiche Medienbrüche der unterschiedlichsten Teilsysteme, aufwändige Messungen, hoher manueller Aufwand und fehlende Funktionen führen zu Barrieren im Entwicklungsprozess. So ist man beispielweise nicht in der Lage, bei gewöhnlichen Versuchsfahrten Ground Truth Messungen von statischen und dynamischen Objekten mit einem variablen Einbau durchzuführen und die Daten in Echtzeit zu verarbeiten. Daher werden spezielle Messfahrzeuge allein zur Vermessung statischer Strecken eingesetzt – und anders spezialisierte Messfahrzeuge wiederum für die Messungen von dynamischen Objekten. Die Auswertung erfolgt daher nicht in Echtzeit. Beide Ansätze sind jedoch nicht auf allgemeine Versuchsfahrzeuge übertragbar. Sie sind aufwändig, teuer, sehr unflexibel und im Falle der Referenzmessung zu ungenau und damit keine Ground Truth.

Ziel dieses Projekts ist es daher, ein hocheffizientes Ground Truth Messsystem bis zum Prototyp zu entwickeln. Es soll

  • statische und dynamische Ground Truth Messung in einem kompakten und modularen System vereinen,
  • sich einfach und schnell an jedem Testfahrzeug anbringen lassen und
  • extrem genaue HD (High Definition) Ground Truth Modelle für die Simulation und den Fahrversuch liefern.

Zusätzlich sollen über eine Echtzeitberechnung Ground Truth Daten berechnet werden, um die Echtzeitgenauigkeit einer Verortung mittels Inertial Measurement Unit deutlich zu verbessern. Dies würde einen erheblichen Nutzen für die Entwicklung von ADAS/AD Fahrzeugen und Systemen bringen: ADAS/AD Funktionen lassen sich im Kontext der Szenarien besser bewerten, die so wichtigen Umfeldsensor- und Systemeigenschaften können effektiver analysiert und ADAS/AD Szenarien schneller in die Simulation transferiert werden.

 


Teilprojektleitung


Projektdauer

01.08.2017 - 31.07.2020

Projektpartner

Atlatec GmbH
GeneSys Elektronik GmbH

Projektförderung

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Förderprogramm

Weblinks

Publikationen